Test: Vane (Action-Adventure)

von Jörg Luibl



Vane (Action-Adventure) von Friend & Foe
Zwischen Kind und Vogel
Entwickler:
Publisher: Friend & Foe
Release:
23.07.2019
15.01.2019
Erhältlich: Digital
Jetzt kaufen
ab 17,99€
Spielinfo Bilder Videos

Keine Kämpfe, keine Sammelei, keine Aufrüstung: Erkundung, Rätsel und Atmosphäre sollen im Action-Adventure Vane im Vordergrund stehen. Knapp vier Jahre hat Friend & Foe daran entwickelt, jetzt ist es für knapp 22 Euro für PlayStation 4 erhältlich. Das in Tokio ansässige Team hat sich von Spielen wie ICO und Journey inspirieren lassen, aber das Abenteuer rund um einen Gestaltwandler soll sich "beunruhigender" und "rauer" anfühlen. Ob dabei eine ähnliche Sogkraft ensteht wie in den Vorbildern, verrät der Test.



Westliche Grüße aus Fernost

Das ist schon skurril: Auch wenn Friend & Foe von Tokio aus arbeitet, gab es im fünfköpfigen Gründungsteam keinen Japaner - dafür vor allem Europäer und Amerikaner. Aber wenn man sich die Vitae der Jungs anschaut, klingt das nicht so schlecht: Battlefield 3, Bionic Commando, Killzone und The Last Guardian lassen aufhorchen und zumindest etwas japanische Tradition durchscheinen. Wenn sich die Vorhänge zu diesem Abenteuer öffnen, erinnert die monumentale Bühne mit ihren tiefen Schluchten sowie versandeten Ruinen durchaus an Landschaften aus ICO oder Journey. Zwar kann man en detail nicht mit Letzterem mithalten, vor allem nicht was die feine Darstellung von Sand betrifft, aber die Unity-Engine inszeniert zunächst ansehnliche Kulissen.

Zu Beginn erkundet man ein ebenso unwirtliches wie ausgestorben wirkendes Land als Krähe. Man kann in die Höhe flattern, zu Sturzflügen ansetzen, sich von Winden treiben lassen, Flügel schlagend in der Luft verharren oder irgendwo landen - sogar auf dem Boden trippeln. Aus der ganz nahen Verfolgerperspektive sieht das blauschwarze Gefieder klasse aus und es entstehen elegante Flugeinlagen am Himmel. Was ist eigentlich das Ziel? Worum geht es? Tja, man hört keinen Erzähler, bekommt keine Quests und liest keine Texte.
efw
Man beginnt das Spiel in Gestalt einer Krähe.
Ähnlich wie im deutlich spürbaren Vorbild Journey gibt lediglich die Landschaft Hinweise auf mögliche Interaktionen - in diesem Fall blitzt es ab und zu aus der Distanz. Also nichts wie hin!

Mal Krähe, mal Junge

Dort kann man auf Windfahnen landen, einen Krähenruf ausstoßen, damit mehrere Artgenossen versammeln und das Gestell so umstoßen, dass die Fahne in eine Richtung flattert. In diesem Zentrum befindet sich wiederum ein größerer Turm, der etwas in seinem Inneren verbirgt - kann man mehrere Schwärme finden und dorthin lotsen, lässt sich durch deren Gewicht der funkelnde Schatz befreien. Damit wird am Boden ein magisches Feuer entfacht, das bei Berührung aus der Krähe einen Jungen macht. Ab sofort kann man à la ICO laufen, hüpfen, klettern, Hebel bewegen und sich beim Fall aus großer Höhe wieder in einen Vogel verwandeln. Das klingt gut, erinnert mit seinen Rätseln ein wenig an Rime, aber leider hinken Technik, Storytelling und Spieldesign den Vorbildern weit hinterher.

Aber schon bald ist man auch als Junge unterwegs.
Aber schon bald ist man auch als Junge unterwegs.
Zum einen gibt es permanente Bildratenprobleme und Pop-ups, die gerade bei einem Spiel dieser Art stören, das sich derart auf die Wirkung von Landschaft konzentriert. Und selbst die teilweise imposanten Wettereffekte, die nicht nur Wind, sondern auch starke Gewitter darstellen, können die Brüche im Artdesign sowie die monotonen Levelstreckungen im letzten Drittel nicht überspielen. Aus irgendeinem Grund haben die Grafiker einen Narren an fragmentierten, transformierenden und flackernden Bildteilchen gefressen, die für eine ständige visuelle Unruhe sorgen, weil man irgendwann als Zuschauer zwischen Bug oder Feature nicht mehr trennen kann. Die Kulisse wirkt manchmal wie ein tückischer Zitteraal, auf dem ständig irgendwo Metallspäne blinken.
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Kommentare

TestABob schrieb am
Wirklich schön gesagt von Dir!
Das drückt zumindest das aus, was ich mir von einem Review erwarte. Das eigentliche "Glück" der Tester liegt ja darin, dass Sie meistens die ersten sind, die ein Spiel bewerten. Die "Leser" können beim lesen meist gar nicht beurteilen ob das alles so stimmt. Da ist natürlich Vertrauen sehr wichtig.
Mittlerweile lese ich Reviews immer nachdem ich ein Spiel selbst angespielt habe. Quasi zur Kontrolle, ob ich der Seite noch glauben kann. Ich habe einfach bemerkt, dass ich viele Spiele, die mir sehr viel Spass machen gar nicht (oder zu spät) angerührt habe, weil sie eine 50-70er Wertung erhalten haben und ich ganz oft dachte, nene lass mal die Finger von. Das war dann aber im nachhinein sehr Schade, da ich so einige meiner Lieblingsspiele fast verpasst hätte.
alle sind immer relativ
Prozentwertungen sind ja schon ziemlich konkret ;) (58% oder doch 59%). Aber ich verstehe schon, dass muss sein. Das wollen die Leser.
Wir haben ja noch Zeit zu üben.;)
Na dann, gutes gelingen!
Jörg Luibl schrieb am
Das ist die große Kunst auf der Kritikerseite: Kann man die Seele eines Spiels überhaupt erkennen? Und falls ja: Kann man auch begründen, warum sie einem so hässlich oder faszinierend erscheint?
Ich merke das recht schnell, ob jemand nur an der Oberfläche beschreibt. Manchmal lässt sich das in diesem Job nicht verhindern, vor allem wenn man zu wenig Zeit hat oder sich einfach zu viel zutraut. Ein Spieletest kann zu einem Boss mutieren, dem man einfach mit der falschen Taktik oder zu wenig Aufmerksamkeit begegnet. Dann cheaten viele beim Schreiben genauso aus Bequemlichkeit wie der Designer beim Coden. Ich werde das nochmal ausführlicher in einer Reihe erläutern.
Jedenfalls kann kein Spieletest absolut sein, alle sind immer relativ. Es gibt ja keine "Wertungswahrheit", im Idealfall nur zig scharf formulierte Meinungen. Die meisten Tests sind noch austauschbarer als generisches Spieldesign. Die wenigen richtig guten Tests erreichen einen hohen Grad an analytischer Subjektivität bei stilistischer Ausdruckskraft. Sie machen den Standpunkt, das Abtauchen und das Auftauchen der Wertung mit allen Pros und Kontras klar verständlich und das Spielerlebnis wird beim Lesen "nachfühlbar".
Wir haben ja noch Zeit zu üben.;)
TestABob schrieb am
Danke für Deine Antwort!
Ich denke Bequemlichkeit ist da das falsche Wort, wo doch fast alle Spielenetwickler (besonders Indie) unterbezahlt arbeiten. Die müssen halt auch wirtschaftliche Entscheidungen fällen. Wie eigentlich jeder.
Das mit dem analysieren von anderen Spielen und Konzepten ist natürlich verständlich und klar. Mein Argument ist lediglich, dass gerade in Reviews punktuelle Features anderer Spiele "gewollt" werden, über die sich der Reviewer vielleicht 5 sec Gedanken gemacht hat. Die Entwickler machen sich natürlich Stunden, Tage und Wochenlang Gedanken und haben vermutlich viel bessere Gründe ein Feature nicht einzubauen.
Das mit der "Seele" hast Du schön gesagt. Leider ist es aber auch so, dass auch Spieletester nicht immer die Essenz eines Spiels erkennen. Die wie Du sagst "Seele" begreifen.
Gerade weil Sie so sehr viele Spiele spielen und auch eigentlich gar keine dafür Zeit haben oder sich nehmen. Daher finde ich, sollten Reviews viel mehr Selbstreflexion über die eigenen Erwartungen haben (die das Spiel vielleicht gar nicht erfüllen will!) und nicht so absolut sein. Denn im Grunde ist ein Review nur ein Eindruck von einer einzelnen Person. Leider haben Sie viel mehr Bedeutung (gerade von großen Magazinen) als eine einzelne Person eigentlich haben sollte.
Man sehe sich doch nur die beliebtesten Spiele auf Steam an. Das sind doch meist Titel aus dem 70-80 Regionen. Die ganzen Platin und Gold Spiele (außer AAA) sind meist nicht die meist gemochten Spiele der Spieler (Subnautica,...).
Jörg Luibl schrieb am
Das ist natürlich die Sicht der Entwickler. Die haben immer gute Gründe. Ich sehe dann beim bewussten Weglassen oder auch Kopieren von Dingen oftmals wenig große Kunst, sondern große Bequemlichkeit, damit das Spiel schneller fertig wird.;)
Und vertu dich nicht: Fast alle Entwickler, mit denen ich in all den Jahren gesprochen habe, vergleichen alles und jedes vorhandene Spiel mit dem eigenen Projekt. Der Wettbewerb wird komplett analysiert, je größer das Studio desto genauer. Aber selbst die kleinen Teams schauen sich genau an, was um sie herum passiert. Ich sage nicht, dass das immer gut ist, aber manchmal hilft es, weil man sich Kompetenz aneignet.
Als Daedalic z.B. eigene Adventures konzipierte, hat man ALLE Klassiker des Point&Clicks quasi dechiffriert - das war eine gute Basis für eigene Spiele. Was ich sagen will: Nicht die Spielekritik sorgt dafür, dass Entwickler sich in eine Spirale des konventionellen oder bekannten Designs begeben - das tun sie aus vielen Gründen wie Recherche, Enginezwänge, Designziele, Zielgruppenanalyse oder Umsatzwünsche selbst.
In der Wertungsfindung geht es dann meist gar nicht darum, dass etwas im spielmechanischen Vergleich "fehlt", sondern dass die Entwickler einen Nerv nicht treffen. Selbst wenn wir etwas erwähnen oder Kleinkram mal aufzählen, sind das nur Mosaiksteine, die zu einem Spielgefühl führen. Ob Traglast in einem Rollenspiel drin ist oder nicht, wird vielleicht erwähnt, ist aber völlig bedeutungslos, wenn es keine Seele hat.
TestABob schrieb am
4P|T@xtchef hat geschrieben: ?18.01.2019 10:11
TestABob hat geschrieben: ?17.01.2019 22:06 Ich mag irgendwie die ganzen Vergleiche mit irgendwelchen anderen Spielen in Reviews nicht mehr. Das führt dann immer zu einem Vergleich und zum ignorieren, dass Spiel mal einfach mal als Gesamtwerk zu sehen.
Vergleiche sind auch nicht immer nötig für eine Argumentation. Man kann eine Kritik komplett ohne schreiben. Aber sie können sehr nützlich sein und sind letztlich ein Schatz für eine Redaktion.
Sie finden ja immer automatisch im Hinterkopf eines Zockers und vor allem Kritikers statt. Sie verhindern nicht den Blick auf das Spiel als Gesamtwerk, sondern schaffen einen zusätzlichen Kontext, also einen Bezugsrahmen. Gerade wenn man verdeutlichen will, warum ein Spiel, das auf den ersten Blick genauso konzipiert ist wie ein anderes, deutlich schlechter abschneidet: Wieso gebt ihr Journey euer Platin und hier "Ausreichend"? Weil im direkten Vergleich xyz...
Seh ich nicht so. Manchmal entscheiden sich Spieledesigner gerade aus gutem Grund ein Feature nicht einzubauen, werden dann aber im Vergleich mit einem anderen Spiel kritisiert, das dieses oder jenes Feature nicht im Spiel ist. Das passiert ja auch sehr oft bei euch.
Die Spieler "raffen" es dann aber meist nicht, dass das Feature nun mal gar nicht zum Spiel passt bzw. viel besser ohne dieses funktioniert. Spiele sind viel komplexer als das Spieler wirklich alle Zusammenhänge aus Designprozess und Mechaniken vollends verstehen.
Einfaches Beispiel: Spieler wünscht sich eine "Traglast" im Inventar und meckert rum, dass es keine gibt. Doch der Designer hat sich etwas viel besseres ausgedacht. Er hat einfach die Anzahl der mitzunehmenden Items limitiert. Das ist viel einfacher (weil man nicht rumrechnen muss um jedes Gramm) für beide und ist im Prinzip genau die selbe Mechanik.
Ich wage sogar zu behaupten, dass wenn man zu viel vergleicht, man sich und die Designer in eine Spirale bewegt wo die Designer immer alle Features...
schrieb am

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